Gabriela Oberkofler | Entreißungen

16. März 2015 bis 22. Mai 2015

RLB Atelier Lienz

Der ländliche Kulturraum, von der Tierwelt über die Industrialisierung der Landwirtschaft, spielt im Werk von Gabriela Oberkofler (geb. 1975 in Bozen - lebt in Stuttgart) eine bedeutende Rolle. Es sind gebrochene Idyllen, die sie in ihren feinen, filigranen Zeichnungen präsentiert. Isolierte, fast surreal anmutende Naturausschnitte, tote oder verletzte Tiere, Zäune und Käfige werden zu vielschichtigen Metaphern unserer zunehmenden Naturentfremdung und reflektieren auch Fragen unserer kulturellen Verortung.

  • Ausstellungsansicht

    Heuballen, 2014
    Schaf, 2014
    Schafsbeine, 2015

  • Rapsfeld, 2013

    Aus der Serie Monokulturen, Filzstift auf Papier, 20×30 cm

  • Traubenhyazinthen, 2013

    Aus der Serie Monokulturen, Filzstift auf Papier, 20×30 cm

Gabriela Oberkofler ist in Jenesien, einem Dorf oberhalb von Bozen, aufgewachsen. Ihr künstlerisches Schaffen ist stark von ihrer Herkunft geprägt. Erzählungen und Ereignisse ihres Dorfes spielen besonders in ihren früheren Arbeiten eine wichtige Rolle. So beziehen sich die beiden Porträts in der Ausstellung Bauer mit seiner Frau vom Kreuzwegerhof in Jenesien (2011) auf den Identitätstausch ihres kräftigen Großonkels mit seinem eher schwächlichen Bruder. Zur Erhaltung des Hofes verzichtete der Erstgeborene auf das Hoferbrecht und zog anstelle seines Bruders in den Krieg. Das historische Foto von „Jenesien 1939“ mit der kleinen Zeichnung Trauerkränze hingegen erinnert an die Option in Südtirol, als viele aufgrund des Hitler-Mussolini-Abkommens von 1939 ihre Heimat verließen.

Bezeichnend für Gabriela Oberkofler ist das Herauslösen von Motiven aus ihrem gewohnten Kontext. Damit fokussiert sie den Blick des Betrachters und schafft assoziative Denkräume. In diesem Sinne sind auch die äußerst subtilen Zeichnungen der Serie Monokulturen zu sehen, die bei einem Stipendienaufenthalt in Frankreich entstanden sind. Sie zeigen kleine Ausschnitte dicht gebündelter Pfanzenansammlungen von Weizen, Hyazinthen oder Sonnenblumen, die der Landschaft wie entrissen erscheinen. Isolierte, minaturhafte Nauturausschnitte, die – wie der Titel verrät – auf Anbauweisen einer effizenten Wirtschaftschaftlichkeit anspielen. Nicht die unberührte Natur, sondern die vom Menschen geformte Natur steht bei Oberkofler im Vordergrund.

Filigrane Linien und Punkte verdichten sich in ihren Zeichnungen und treten in Dialog mit ausgedehnten weißen Flächen wie auch die großformatigen Arbeiten der gepressten Heuballen oder des Schafes mit eingbranntem Zaun zeigen. Tiere sind allgemein ein immer wiederkehrendes Motiv. "In meinen Arbeiten führt das Tier zwangsläufig zum Menschen und steht als Sinnbild für die Beziehung zwischen Mensch und Tier", so die Künstlerin.

Zur Ausstellung erscheint der gleichnamige Katalog mit einem Textbeitrag von Melanie Ardjah und einem Interview mit Gabriela Oberkofler, geführt von Silvia Höller (64 Seiten).