Artur Nikodem I Aufbruch 1919-1926

10. Oktober 2005 bis 11. November 2005

RLB Atelier Lienz

"Jetzt im wachsenden Sommer die Birken. Wenn man ein Viereck in der Rinde mit einem sehr scharfen Messer herausschneidet, ist die weiße Haut darunter ein herrliches Grünes, von dem das süße Birkenwasser tropft, und wenn man den Mund daran legt, wie liebend treue Lippen, ist - die Rückseite davon sonnig gelb - dann das ganz weiße, nasse, glatte, herrliche Birkenholz - das Innerste". (Arthur Nikodem)

  • Bergkreuz
  • Emilie Lübcke, 1922

    Bildnis

  • Iris, 1921
  • Kirche
  • Kirche in Rattenberg, 1925
  • Landschaft mit Birken

Am 6. Februar des Jahres 1870 wurde Artur Nikodem im damals österreichischen Trient geboren. Nach der Schulzeit und einem Jahr an den Kunstakademien in München und Mailand ergriff er den Beruf eines Telegraphenbeamten bei der Trientiner Post. 1893 bis 1908 lebte Nikodem in Meran, wo er dem Meraner Künstlerbund beitrat und an dessen Sammelausstellungen teilnahm. Diese Jahre können als Beginn einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Kunst angesehen werden. 1908 zog er mit Frau und Sohn nach Innsbruck und ließ sich für immer hier nieder. Die Beschäftigung mit zeitgenössischer Kunst und Kultur, vor allem mit dem Jugendstil und ein ausgeprägter Hang zur Farbensymbolik in den Landschaften kennzeichnen die Zeit vor dem Krieg. Während des ersten Weltkrieges verbrachte Nikodem drei Jahre als Telegraphenoffizier in Bulgarien und in Istanbul und konnte sich an den sinnlichen Farben des Orients nicht satt sehen. 1919 kehrte er mit dem Entschluss, sein Leben von Grund auf neu zu gestalten, zurück. Die nun folgende Zeit des Aufbruchs und der Neuorientierung ist Thema dieser Ausstellung:

1925/26 ebnete die Wanderausstellung „Tiroler Künstler“, die von Gelsenkirchen ausgehend in vielen deutschen Städten gezeigt wurde, den Weg zu internationaler Bedeutung. 1930, am Höhepunkt seiner künstlerischen Laufbahn, heiratete Nikodem das junge Malermodell Barbara Hoyer, mit der er die letzten Jahre seines Lebens verbrachte. Mit dem Erstarken des Nationalsozialismus in Deutschland kam dann die Wende. Nikodems Bilder entsprachen nicht mehr den Vorstellungen und wurden als „entartet“ gebrandmarkt. Dies trieb ihn in künstlerische Isolation und finanzielle Not. In den 30er Jahren hatte Nikodem keine Ausstellungsmöglichkeit mehr. Er lebte kärglich in Innsbruck, die ärgste Not wurde durch treue Freunde gelindert. In dieser Zeit entstanden die wunderbaren Miniaturen in warmen Farben, für die Nikodem bekannt ist. Im Februar 1940 starb er 70jährig in Innsbruck.

Die Ausstellung greift eine begrenzte Zeitspanne im Leben Artur Nikodems heraus und zeigt einen Querschnitt durch sein Schaffen in dieser Zeit. Der kriegsbedingte Aufenthalt in Bulgarien und vor allem in Istanbul, der für Nikodem eine sinnliche Offenbarung bedeutete und ihn die Farben neu entdecken ließ, war Schlüsselerlebnis in privater und künstlerischer Hinsicht. Nach der Rückkehr erwirkte Nikodem die Frühpensionierung bei der Post, mietete sich ein Atelier und ließ sich als freischaffender Künstler in Innsbruck nieder. Der Aufbruch erstreckte sich auf alle Bereiche des Lebens. Die Trennung von der Ehefrau Maria Irma Hein nach 27 Ehejahren und das Zusammenleben mit seiner großen Liebe, der jungen Künstlerin Gunda Maria Wiese (1900-1924), manifestierte sich in üppigen, prächtigen Blütenbildern der Iris und der Mohnblume, deren geheime Erotik Nikodem in poetischen Texten preist.