Jana Pressler I BLOND

12. September 2022 bis 30. November 2022

RLB Atelier Lienz

Jana Pressler beschäftigt sich in ihrem Projekt BLOND, dass sie eigens für das RLB Atelier realisiert hat, mit dem Blondem Haar als Bedeutungsträger. "Ich wollte verstehen, warum so beliebig manipulierbare Körpermerkmale wie Haare und gerade Haarfarben so fest an gewisse Projektionen und Vorstellungen geknüpft sind", so die 25-jährige Künstlerin im Interview.

  • Aus der Serie "Haar", 2022, Fotogramm, 18x24 cm
  • Ausstellungsansicht
  • Ausstellungsansicht, Recherchewand
  • Detail, Recherchewand
  • Paris Hilton, 2022, Fotogramm, Belichtung, 70x50 cm
  • Porträtserie

Über Jahrhunderte galt Blond, besonders im abendländischen Kulturkreis, als Schönheitsideal. Im antiken Griechenland wurde das goldene Haar mit Göttlichkeit gleichgesetzt und bei den Römern galten blonde Perücken als beliebtes Modeaccessoire wohlhabender Frauen. In der christlichen Ikonografie symbolisierte Blond vor allem Unschuld und Jungfräulichkeit.

Die Haarfarbe diente aber auch als Ein- und Ausgrenzungsmerkmal in der Herausbildung rassistischer Stereotype. Die damit verbundenen pseudowissenschaftlichen Rassentheorien, die sich im 19. Jahrhundert verbreiteten, führten im Nationalsozialismus unter anderem zur Konstruktion der „arischen Herrenrasse“, mit all ihren perfiden Auswüchsen.

Im 20. Jahrhundert gingen Blond-Stereotypisierungen außerdem häufig mit der Diskriminierung von Frauen einher. Kulturgeschichtlich ist diese Entwicklung zum einen auf die Erfindung des Bleichmittels Wasserstoffperoxid 1867 und das spätere immense Wachstum der Kosmetikindustrie zurückzuführen, zum anderen schlichtweg auf die Traumfabrik des Films.

Ihre umfassenden Recherchen, die weit über die angesprochenen Aspekte hinausführen, transferiert Jana Pressler als künstlerische Installation in Form einer wandfüllenden Mindmap in die Ausstellung. Einzelne der hierfür verwendeten Bildmaterialien sowie ausgewählte Objekte dienen ihr, in mehreren Schichten und direkt auf Fotopapier belichtet, zur Gestaltung abstrahierter Porträts von sechs Frauenfiguren: Grace Kelly als Vertreterin einer ‚Hitchcock-Blondine‘, Maria Magdalena, die im Gegensatz zu Maria meist erotisiert dargestellt wurde, die Figur der Venus, die sich als Schönheitsideal durch alle Epochen zieht, Marie Antoinette, die für extravagante Turmfrisuren bekannt war, die wohl bekannteste Hollywood-Ikone Marilyn Monroe und das „Glamour-Phänomen“ Paris Hilton, die bewusst ihre Rolle als blonde Influencerin aufgebaut hat.

„Jana Presslers Porträtserie kann als feministische Hommage an solche blonde Kunstfiguren gelesen werden“, schreibt die Kunsthistorikerin Eva Kuhn in ihrem Katalogbeitrag: „Durch die collagenartige Dekonstruktion dieser kanonisierten Bilder, durch den bis zur Unkenntlichkeit verstellten Anblick und das Insistieren auf dem neuen Bild als Bild, scheinen diese Fotogramme gegen den verliehenen Bildstatus der jeweils dargestellten Frau zu rebellieren.“

Neben den Porträts präsentiert die Ausstellung die mehrteilige Serie „Haare“, die unterschiedliche direkt belichtete Haarsträhnen zeigt. Beide Werkreihen sind in der eher ungewöhnlichen Technik des Fotogramms realisiert. „Fotogramme sind wie ein Übersetzungsverfahren vom Objekt zum Bild und weisen einen unmittelbaren Bezug zur Materialität auf “, so die Künstlerin. Und: „Jedes Fotogramm ist ein Unikat.“

Zur Ausstellung erscheint ein 64-seitiger gleichnamiger Katalog mit einem Beitrag der Kunsthistorikerin Eva Kuhn der Leuphana Universität Lüneburg und einem Interview mit Jana Pressler, geführt von Silvia Höller.