Linda Steiner
Introspektion

22. April 2024 bis 08. August 2024

RLB Atelier Lienz

Linda Steiners Ausstellung führt uns auf eine Reise unter die Haut, tief ins Innerste des Körpers - zu den Organen. In vielen Kulturen werden Zusammenhänge zwischen Emotionen und Organen beschrieben. Auch in unserem Sprachgebrauch ist diese Verbindung durch Redewendungen wie "das hat mir das Herz gebrochen" oder "da dreht es mir den Magen um" fest verankert.

  • Ausstellungsansicht
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  • Cor, 2024, Filz, 15x11x11 cm
  • Cor, 2024, Öl auf Leinwand, 50x40 cm

Als eine Art Initialzündung für die Annäherung an den eigenen Körper diente Linda Steiner (*1993 in Lienz, lebt in Wien) das Buch „The Anatomical Venus“ von Joanna Ebenstein. Diese Recherche widmet sich weiblichen anatomischen Wachsmodellen des 18. Jahrhunderts. Die bestechend echt wirkenden Wachskörper waren vornehmlich Lehrobjekte und bedienten gleichzeitig die Schaulust eines breiten Publikums.

„Die morbide Schönheit und Verletzlichkeit der anatomischen Venusfiguren haben mich sofort angezogen und berührt. Aber diese Sichtweise auf den weiblichen Körper hat etwas Übergriffiges“, so Linda Steiner im Interview. Daher entwickelte sie aus persönlicher Sicht einen Gegenentwurf, eine Projektionsfläche für unterschiedliche Lesarten, jenseits der vom männlichen Blick gelenkten Schaubegierde, die der „anatomischen Venus“ zu eigen ist.

Im Zentrum der Ausstellung steht die lebensgroße Skulptur „Soror“ (lat. „Schwester“), die am Oberkörper symbolhafte Organe aus Filz zeigt. Neben Herz, Lunge, Leber, Magen, Darm und Gebärmutter findet sich auch das Gehirn vor, das nicht ohne Ironie als eine Art Rauchwolke aus dem Kopf wächst.

Als Pendant zu den Filzorganen spiegeln sich dieselben Eingeweide in abstrahierter Form als Ölbilder an der Wand wider. Eingebettet in nicht zuordenbare Körperfalten, lassen sie Darstellungen entstehen, die eine Kommunikation zwischen dem Innen und dem Außen aufzeigen. Die Diskrepanz zwischen unserer inneren und äußeren Körperwahrnehmung resultiert oft aus gesellschaftlicher Konditionierung, die maßgeblich unsere Vorstellungen darüber prägt, was der Körper ist. Insbesondere das Bild des weiblichen Körpers wird von gesellschaftlichen Stereotypen beeinflusst.

Ausgehend von der Selbstreflexion der Künstlerin kann die Ausstellung als eine Anregung verstanden werden, unseren Blick auf unsere eigene Körperwahrnehmung zu lenken, während sie gleichzeitig Fragestellungen über das Verhältnis von Individuum und Kollektiv verhandelt: Was geht in uns vor, wenn wir Darstellungen von menschlichen Körpern betrachten und welche Menschenbilder und Empfindungen entstehen dabei? Kann es so etwas wie eine unbefangene Betrachtung überhaupt geben?

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Beiträgen von Silvia Höller und Flora Löffelmann sowie einem Interview mit Linda Steiner.

In Kooperation mit dem Bildungshaus Osttirol findet am Dienstag, den 28. Mai, um 18.00 Uhr eine vertiefende Dialogführung Kunst in Kürze mit Evelin Gander statt.