Kunstpreis 2004

01. Jänner 2004 bis 31. Dezember 2004

Ausstellung:
Wolfgang Capellari, Hannes Dabernig, Werner Feiersinger, Robert Fleischanderl, Sieglind Gabriel, Christoph Hinterhuber, Barbara Huber, Annja Krautgasser, Barbara Larcher, Manuela Mark, Peter Niedertscheider, Christoph Raitmayr, Richard Schipflinger, Annette Sonnewend, Günther Steiner

  • ohne Titel, 2002 Stahl, lackiert (zweiteilig), je 40 x 26 x 60 cm

Werner Feiersinger

"Ich arbeite wie ein Chirurg"

Dieser beiläufig von Werner Feiersinger anlässlich eines Ausstellungsaufbaues geäußerte Satz kommt seiner Arbeitsweise formal wie inhaltlich sehr nahe. Exakt führt er sein Skalpell entlang der Schnittstellen von Handwerk und industrieller Formgebung, Objekt und Raum, Singularität und Serie.

Er spielt mit dem Erkennen von Alltagsgegenständen, die sich aber bei näherer Betrachtung dem Gebrauchswert wieder entziehen und zum autarken Objekt werden. Feiersinger bewegt sich mit seinen Objekten eng am modernistischen Design, ohne jedoch jene mediale Oberfläche des Kommerziellen zu übernehmen. Auch hier wird das Skalpell exakt angesetzt, die Objekte spielen mit der Idee, Teil der Designkultur zu sein, um sich dann radikal diesem Zugriff zu verweigern.

Den Künstler zeichnet ein für den aktuellen Zeitgeist erstaunlich konsequentes Arbeiten seit vielen Jahren aus. Sein Werk orientiert sich an der Sprache des Minimalismus, erzeugt eine semiotische Grundspannung, die den das Objekt umgebenden Raum mit einbezieht.

Somit ist auch die Anordnung im Raum entscheidend, das Gegenüber, die Reihung, das Gespräch der Objekte zueinander und mit der Architektur des Ortes. Architektur spielt im Werk Feiersingers eine wichtige Rolle, viele Arbeiten nehmen auf Elemente der klassischen Moderne Bezug und arbeiten mit klar konturierten Volumen, mit einer exakt definierten Form.

Das für den Wettbewerb eingereichte Werk besteht aus zwei identen, schwarz lackierten Stahlobjekten mit den Maßen von je 40 x 26 x 60 cm, 2002 entstanden. Einer Fotografie im soeben erschienenen Katalog entnehme ich, dass sich die beiden Objekte gegenüberstehen und für den Betrachter einen Durchgangsweg offen halten.

Die dadurch sich ergebende rückseitige Kante überragt die drei anderen um etwa ein Drittel, darin befindet sich mittig eine quadratische Öffnung, die ein hohles Vierkantrohr aufnimmt, das im rechten Winkel zurück in das Innere des Behälters führt. Die Objekte sind nach oben geöffnet, das Rohr kennzeichnet formal die Mitte, lässt sich aber auch als Traggriff definieren.

Feiersinger thematisiert auch bei dieser Arbeit die Doppelung, die Zwillingsform, verlässt die Singularität, ohne aber in eine Serienproduktion zu gehen. Auch die Frage des alltäglichen Gebrauchswertes stellt sich bei einem ersten Betrachten, Jörg Heiser spricht in einem Text zu diesem Werk von der Assoziation eines Mülleimers, die Jury spricht in ihren Diskussionen von einem tragbaren Schirmständer. Der Schnitt ist exakt, die Frage des Gebrauchswertes geht ins Leere, die Objekte weisen durch das viereckige Rohr auf sich selbst zurück. Offen und geschlossen zugleich, stülpt sich die Außenhaut in ihr inneres Volumen und umgekehrt. Heiser spricht von einer Eigenurin-Kur.

Werner Feiersinger führt in seinem bisherigen Œuvre einen spannenden und konsequenten Diskurs zur Frage der Singularität, zur Beziehung von Objekt und Raum und zu Fragen der industriellen Formgebung. Die Wahrnehmung eines Objekts, eines Gegenstandes, ist Thema, seine möglichen Deutungen, Bedeutungen und Doppelgänger stehen zur Diskussion. Varianten entlang eines Schnittes werden erarbeitet, das Abwesende bestimmt in starkem Maße das Vorhandene, die Zwischenräume und Leerstellen nehmen einen wichtigen Platz ein. Christoph Bertsch, Universität Innsbruck, Institut für Kunstgeschichte