Kunstpreis 2006

01. Jänner 2006 bis 31. Dezember 2006

Ausstellung:
Friedrich Biedermann, Gerhard Diem, Thomas Feuerstein, Nicole Jausz, Annja Krautgasser, Barbara Larcher, Bernhard Mayr, Gregor Neuerer, Stephan Pirker, Raimund Pleschberger, Lukas Schaller, Michaela Schwarz-Weismann, Renée Stieger, Michael Strasser, Patricia Tschen

  • Aus der Serie 'a minor revival', 2006 C-Print, je 125 cm x 100 cm
  • Aus der Serie 'a minor revival', 2006 C-Print, je 125 cm x 100 cm

Michael Strasser

Die eigene und fremde Identität beziehungsweise das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft sind die das Werk Michael Strassers bestimmenden Themen. Er geht der Frage nach, ob und wie sich Individuen selbst definieren, wie Attribute von anderen gelesen werden können und welche Erkennungs- und Unterscheidungsmerkmale die Gesellschaft entwickelt, um Menschen zu klassifizieren. In diesem Zusammenhang interessieren ihn in besonderem Maße die Rolle der Medien und der Mode bei der Bildung von gesellschaftlichen Regeln und Zwängen.

Der Künstler bedient sich bevorzugt der Mittel von Fotografie, Video und Installation. Sein Interesse liegt weniger in der Ausformung einer prägnanten, wieder erkennbaren Bildsprache, eines Stils, als vielmehr im adäquaten Einsatz technischer Mittel im Sinne seiner jeweiligen Konzepte. So arbeitet er abwechselnd in einem monumentalen und schnörkellosen Verismus mit malerischen Überblendungen beziehungsweise Mehrfachbelichtungen oder mit dokumentarischen Montagen eigener und fremder Fotos etc. Seine Herangehensweise ist analytisch und konzeptuell, sie orientiert sich international an den avancierten künstlerischen Strategien heutiger Foto- und Medienkunst. Bei aller stilistischen und medialen Unterschiedlichkeit verbindet seine Werke ein melancholischer Grundzug, eine starke Atmosphäre von Verlassenheit, Ortlosigkeit und Vergänglichkeit. Verstärkt wird diese Atmosphäre durch die der Handlungsräume, in denen die Protagonisten seiner sorgfältig inszenierten Tableaus und Videofilmsequenzen agieren: periphere Orte wie Vorstädte und das No Where zwischen Land und Stadt, Innenräume von Abbruchhäusern und längst aufgegebenen Stätten handwerklicher oder industrieller Produktion.

Die im Wettbewerb ausgezeichneten Arbeiten von Michael Strasser sind klassisch „schöne“ Fotoarbeiten, kompositionell ausgefeilt, fast altmeisterlich in ihrem warmen Sfumato, in den feinen Lichtstimmungen. Sie bestehen für sich allein, obwohl sie Teil einer größeren Serie sind, die eine Handlung zwar andeutet, aber nicht erklärt – es weckt unsere Neugierde, was eine Gruppe junger, seltsam zueinander beziehungsloser Menschen in einer aufgegebenen Spinnerei so treibt. Dem Künstler geht es aber offensichtlich mehr um den Ausdruck einer existentiellen Grundbefindlichkeit des Menschen, um dessen Ausgesetztsein in Zeit und Raum.
Das auszudrücken gelingt dem jungen Künstler auf bemerkenswerte Weise, still und ganz ohne Pathos.

Edelbert Köb, Direktor des Museums Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien